Wenn man an einem ruhigen, schwülen Sommerabend allein oder mit Freunden am wechselnden See sitzt, dessen Spiegel man schon lange kennt – wie einen flüchtigen Bekannten, dem man jede Woche mit leichtgeschenkter Sympathie am selben Ort begegnet, obwohl man nicht sein Alter kennt, geschweige denn die äußeren Pfade seines Lebens – wenn man alles Gehen, Wehen, Werden plötzlich (ganz kurz) in diese unscheinbaren Züge schreibt, weiß man wieso nichts dauert und trotzdem alles ewig ist. Man liebt dann viel stärker, weil Fühlen und Erkennen zusammenstürzen, wie große Tempel längst vergang’ner Völker, die eines Nachts vom leichten Wehen einer Brise erschüttert werden und zu Staub verdonnern. An solchen Tagen, wo die Dinge seltsam hell erscheinen, liebt man das Wasser, weil es niemals ruhig ist, den Wind, weil er die Stirne kühlt, die Düfte mancher später Sommermagnolie, weil ihre Süße entzückt – ganz ohne Forderungen an den Geist zu stellen, oder die Stille.
Wenn man dann sein Bewusstsein öffnet und in der warmen Luft baumeln lässt, seine Pflichten gegenüber der Welt, vom eisig brandenden Campari begleitet, dankbar als Spiel begreift; wenn man sich auf einmal all’ der Schönheit besinnt, die sich zwischen der matt ausbreitenden Wirkung des Alkohols, dem von fern und nah klingenden Gesprächen, dem unschuldigen Weiß des Tischchens, an dem man sitzt, ausbreitet wie ein Lied aus hundert Stimmen – wenn man sich so treiben lässt und die Gedanken weit aufs Wasser gleiten, und noch weiter, über die dämmernden Berge, ins Land, das man liebt, wo wild die Sehnsucht dunkel blüht und Mädchen lachend Küsse schenken, dann hält man eigentlich schon den Schlüssel in der Hand, den Epikur im Garten fand.
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